Yvonne Roeb

  Art Week Berlin
Kunstmarathon mit politischem Fehler
"Zitty" von Iris Braun

Wenn jetzt die Art Week beginnt, Berlin größtes Kunstfest, zeigt sich: Hier geht es Frauen nicht besser als sonst in Kunst und Kultur. Doch womöglich gibt es Aussicht auf Besserung
Selbstverständlich nehmen Frauen an der Berlin Art Week teil, Kuratorinnen, Galeris­tinnen, Künstlerinnen. Auch stehen mit Anne Imhofs „Angst 2“ im Hamburger Bahn­hof und Yvonne Roebs „Im Überall“ bei der Schering Stiftung wichtige Künstlerinnenpositionen im Fokus. Das gilt ebenso für Goshka Macugas Beitrag im Schinkel Pavillon: Ihr sprechendes Roboterwesen irritiert bereits seit Juli Besucher.
Doch in vielen Veranstaltungen der landesgeförderten Dachmarke Art Week gilt, was trotz aller gegenteiliger Anstrengungen zementiert zu sein scheint: Männer dominieren die Szene. Sie bestreiten die meisten Einzelausstellungen. Das gilt für die Institutionen, die Partner der Art Week sind, und das gilt erst recht für Messen und Galerien, wo das Geld verdient wird und wo das Verhältnis knapp ein Drittel Frauen zu zwei Dritteln Männern ist, wenn überhaupt.

Wenig Geld, viele Frauen
Anders sieht es bei den mit der Art Week kooperierenden Projekträumen aus. Dort, an der Basis, wo wenig Geld zirkuliert, gibt es viele Frauen, die ihre Vorstellungen von Kunst und Kultur realisieren, oft ohne Unterstützung und auf eigenes Risiko.Damit ist die Art Week ein sehr gutes Abbild des Kulturbetriebs. Erst im Juli hat dessen Schieflage eine umfangreiche Studie bestätigt. Autoren und Autorinnen des Deutschen Kulturrats haben – unterstützt vom Kulturstaatsministerium – die Situation von Frauen in Kultur und Medien erforscht. „Von Gleichberechtigung kann noch nicht die Rede sein“, fasst Co-Autorin Gabriele Schulz, stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrats, das Ergebnis zusammen.
So verdienten Frauen in der Kultur für  vergleichbare Arbeit im Schnitt 24 Prozent  weniger als Männer. Und obwohl inzwischen mehr Frauen die Kunsthochschulen absolvieren als Männer, kommt die Studie im Kapi­tel über den Kunstmarkt für die Jahre 2004 bis 2011 zu dem Schluss: „Wenngleich sich also die Verdienstmöglichkeiten für bildende Künstlerinnen und Künstler insgesamt verschlechtert haben, tritt diese Entwicklung Frauen extremer als Männer“. Im Jahr 2011 erhielten Künstlerinnen aus dem Verkauf einer Arbeit im Schnitt 3.325 Euro, Künstler dagegen 7.443 Euro.

Bessere Aussichten
Allerdings fördern Art-Week-Partner wie der Kreuzberger Kunstverein Neue Gesellschaft für Bildende Kunst erfolgreich die Arbeit von Frauen, 2016 etwa mit den Interventionen von Elisabeth Wood, die die Ausstellungsreihe „Kunst im Untergrund“ entlang der U-Bahnlinie 5 eröffnet. Doch müsste in Berlin, in dem ein Landesgleichstellungsgesetz gilt, bei einer so wichtigen, öffentlich geförderten Dachmarke wie der Art Week der Frauenanteil höher sei.

Man könne in die Programme der Häuser nicht eingreifen, heißt es beim Senat, sei sich jedoch der Schieflage in Kunst und Kultur bewusst. Es gebe Gespräche zwischen der Kulturverwaltung und der ­Senatsverwaltung für Arbeit, um für die institutionell geförderten Kultureinrichtungen entsprechende Leitlinien zu entwickeln. Das kommt im Jahr 2016 nicht gerade zu früh. Doch immerhin ist mit Gabriele Knapstein gerade eine Frau zur Direktorin des Hamburger Bahnhofs ernannt worden, einem der wichtigsten Partner der Art Week.

https://www.zitty.de/berlin-art-week-kuenstlerinnen/